Sechs Jahrhunderte Familiengeschichte - Ein Spaziergang durch Jahrhunderte
„Nein, mit einem Schlossgespenst kann ich nicht dienen“, lacht Graf Markus Fugger, der für das Museum zuständig ist. Schon von weitem ist das Fugger-Schloss und die Pfarrkirche St. Andreas zu sehen, sie überragen Babenhausen mit seinen schönen historischen Hausfassaden. Wer sind eigentlich die Fugger? Im Rahmen einer Museumsführung gibt es einen Crashkurs mit Graf Markus Fugger. In zwölf Räumen wird sechs Jahrhunderte Familiengeschichte der einst mächtigen Fugger präsentiert. Es ist ein Spaziergang vom Mittelalter bis quasi in die Jetztzeit.
Der Weber Hans Fugger kam 1367 nach Augsburg und heiratete wenig später Klara Widolf, die Tochter eines Weberzunftmeisters. Durch die Heirat und den Eintritt in die Weberzunft erhielt er das begehrte Bürgerrecht und konnte in Augsburg bleiben und arbeiten. Hans Fugger saß aber nicht mehr am Webstuhl sondern handelte mit Baumwolle aus Italien. Sein Sohn Jacob knüpfte Handelsbeziehungen mit den Habsburgern und der Kirche in Rom an. Mit Jacob dem Reichen (1459-1525), einem Fugger in der dritten Generation, seiner Frau Sybilla Arzt und seinen Geschwistern, erreichte das Unternehmen seine Blütezeit. Der Name Fugger wurde europaweit zu einem Synonym für Reichtum. Die Fugger wurden Großbankiers, Welthandelsherren und waren zusätzlich auch Bankiers des Kaiser Maximilians I., Kaiser Karl V. und der Päpste in Rom.
Bis das Museum eröffnet wurde vergingen ein paar Jahrhunderte. Fürst Leopold Fugger hatte das Museum im 19. Jahrhundert in Augsburg in den Fuggerhäusern eröffnet. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Sammlung ausgelagert und 1955 im neuen Fugger-Museum im Schloss Babenhausen aus der Taufe gehoben. Das Schloss Babenhausen hat einst Anton Fugger im 16. Jahrhundert von den Rittern von Rechberg gekauft.
Der erste Raum im Museum zeigt die Anfänge der Familie mit einem Gemälde von Jacob dem Reichen und einem Gemälde seines Bruders Georg (1453-1506), so hat man auch eine bildhafte Vorstellung über die Fugger die so reich und mächtig geworden sind.
Ein gewebtes Stück Stoff aus einem Baumwollmischgewebe, ein Barchent, wurde 1461 bei einer Stoffschau als mangelhaft bezeichnet, da es 75 Fäden zu wenig hatte. Es ist eher unscheinbar, aber es ist das älteste Original der Fugger-Familie im Museum. Es ist schon seltsam und kurios, dass ausgerechnet ein schlecht gewebtes Stück Stoff der Nachwelt erhalten geblieben ist, denn die Familie kam zu Reichtum mit der Herstellung und dem Handel von hochwertigen Webwaren.
Im angrenzenden Raum sieht man auf Landkarten Handelsbeziehungen eingezeichnet, die sich bis England, Spanien, Portugal, Italien, Polen, Russland, Afrika und Indien erstreckten. Wegen der engen Verbindung zu den Habsburgern hielten sich die Fugger bei Frankreich zurück, da Frankreich ein Rivale der Habsburger war. Der Handel mit den Molukken scheiterte, weil die Entfernung doch zu groß war. Noch heute zeugen Fuggerhäuser in den damaligen Handelsorten von der enormen Größe und dem Reichtum des Handelshauses.
Die Fugger wurden lange von den alteingesessenen Augsburgern als „neureiche Emporkömmlinge“ bezeichnet, sogar noch als sie 1511 den Adelstitel erhielten. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts nahmen sie hohe kirchliche und weltliche Ämter ein und sie erhielten von Karl V. das Recht Münzen zu prägen. Einige Münzen, die sehr kunstvoll sind und eine Münzordnung kann man im Museum bewundern. In der Münzordnung wurde die gültige Münze genau aufgezeichnet, um Fälschungen aufzustöbern.
Zwischen 1500 und 1600 fanden in Augsburg bedeutende Reichstage statt. Alles was Rang und Namen hatte kam nach Augsburg. Die jeweiligen Kaiser, die Habsburger waren, stiegen immer bei der Fuggerfamilie ab. Am Eingang des Fuggerhauses in Augsburg war das Habsburger Wappen angebracht das sagt: hier steigt der Kaiser ab.
Im vierten Raum werden alte Schriften und Bücher gezeigt. Viele Fugger sammelten Bücher, schrieben selbst Bücher und ihnen sind auch viele Bücher gewidmet worden. Als der Fugger Hans Jakob hoch verschuldet war, kaufte ihm Herzog Albrecht von Bayern seine Büchersammlung ab und stellte ihn auch in seine Dienste. So bildete die Fuggersammlung den Grundstock für die heutige Bayerische Staatsbibliothek in München. Fugger Ulrich ereilte das gleiche Schicksal, seine Bücher sind heute im Vatikan.
Der angrenzende Raum ist für Waffenliebhaber spannend. Hellebarden hängen an der Wand und Degen, Dolche, Sporen und Jagdgewehre werden in Vitrinen ausgestellt. Zwei Richtschwerte und eine Spottmaske aus Eisen, die Eselsohren und einen langen Schweinsrüssel hat, ziehen die Blicke an. Jemand, der etwas Ausgefressen hatte, wurde an den Pranger gestellt, ihm wurde die Spottmaske übergestülpt. Passanten lachten ihn aus, weil er gar so albern aussah mit den Ohren und dem langen Rüssel.
Das Museum zeigt in Dokumenten und Briefen, dass die Fugger nicht nur Kontakte zu den Königen und Kaisern der Habsburger hatten, sondern auch zu Martin Luther und seinem Widersacher Kardinal Cajetan. Es bestanden auch Verbindungen zu den Malern: Tizian, Giovanni Bellini, Albrecht Dürer und den Musikern: Wolfgang Amadeus Mozart, Orlando di Lasso sowie zu dem Gelehrten Erasmus von Rotterdam.
Stiche und Urkunden zeigen im Museum die soziale Seite der Fugger. Sie bauten die erste Sozialsiedlung der Welt, die Fuggerei in Augsburg, die es noch heute gibt.
Im Museum sind Keramik, Porzellan und Gläser ausgestellt, die nicht täglich benutzt wurden, da sie viel zu kostbar waren. Nur an Festtagen kamen die Prunkstücke zu Ehren. Uhren, Musikinstrumente, Schmuck und Fächer werden gezeigt und geben einen Eindruck in die damalige Mode.
Jedes im Museum ausgestellte Unikat kann eine lange Geschichte erzählen und Graf Markus Fugger kennt sie alle. Er erzählt noch eine kleine Anekdote: Fugger Georg war verliebt in Viktoria Luise von Preußen, sie war die Tochter Wilhelm II. Georg war zwar adlig, durfte aber trotzdem nicht heiraten, da der Kaiser keinen Fürsten sondern einen Bräutigam aus einem regierendem Haus, also einer Königfamilie wollte. So heiratete der Fugger Elisabeth Gräfin von Plessen, die Freundin seiner Angebeteten. Georg Fugger und Elisabeth von Plessen waren die Großeltern von Graf Markus Fugger, der heute für das Museum zuständig ist.
Das Welthandelsunternehmen der Fugger hatte nach dem Dreißigjährigen Krieg starke Einbußen erlitten und die Handelsfirmen wurden aufgelöst. Die Fugger zogen sich auf ihre Landschlösser zurück oder traten in den Dienst der Habsburger und Wittelsbacher. Als das Heilige Römische Reich deutscher Nation 1806 erlosch, wurden die kleinen Fürstentümer dem neuen Königreich Bayern einverleibt. Darüber waren die Fugger nicht so glücklich, denn die Bayern waren mit Frankreich verbündet. Die Franzosen waren ja schon immer die größten Gegenspieler der Habsburger.
Auf einem Votivbild im Museum ist eine Teufelsaustreibung dargestellt. Eine Frau Müller hat sich 1696 als Dank, dass sie von mehr als 100 bösen Geistern befreit wurde, dieses Bild für die Kirche malen lassen.
Ein anderes Votivbild zeigt ein Kleinkind, das vom Oratorium in das Kirchenschiff fällt. Die Familie Fugger war während einer Andacht in der St. Andreaskirche. Als die Kindsfrau einen Moment nicht aufgepasst hatte, viel der kleine Franz Karl ins Kirchenschiff und hat wie durch ein Wunder überlebt. Zum Dank ließ die Familie das Bild malen.
Jetzt wird es auch für Kinder spannend, in der Eingangshalle des Schlosses sieht man im Treppenhaus einen holzgeschnitzten Hirschkopf mit einem echten mächtigen Geweih eines Dreißigenders. Über ihm an der Decke hängt ein riesiges Jagdnetz mit dem der Hirsch 1684 gefangen wurde. Beim Betreten des Ahnensaals hat man das Gefühl, das man von unzähligen Augen beobachtet wird. Portraits der Fugger hängen an der Wand. Es sind beileibe nicht alle, sondern es sind nur Portraits der Fugger des 16. und 17. Jahrhunderts, die in einer Holzvertäfelung eingelassen sind. Ein paar Schritte weiter im goldenen Salon hört man förmlich das Rascheln der edlen Roben. Der Prunkraum gibt mit seiner reichen Ausstattung die ehemaligen Glanzzeiten im Schloss wieder.
Informationen:
Fugger-Museum im Schloss Babenhausen, Tel.: 08333-9209-27 oder 2931, www.fugger-museum.de
Führungen vom 1. April bis 20. November , Dienstag bis Samstag 10.00 bis 12.00 und 14.00 bis 17.00 Uhr. Sonntag 10.00 bis 12.00 und 13.00 bis 18.00
Fremdenverkehr Babenhausen Tourist Information, Auf der Wies 12, 87727 Babenhausen
Tel.: 08333-93133, mail@touristinfo-babenhausen.de, www.touristinfo-babenhausen.de
Über den Autor*Innen
Gabi Dräger
Wo findet man Gabriele Dräger in den Bergen? Natürlich in einer Alm bei einer Brotzeit., denn Almen mit guter Küche ziehen sie magisch an. Gipfel nimmt sie auch hin und wieder mit. So hat sie einige 5.000er beim Trekking in Süd Amerika und Nepal, bestiegen. Ihre Hochleistung war der Kilimandscharo mit 5.895 Meter. Kultur und Brauchtum faszinieren sie genauso, wie Städte und Kunstausstellungen. Obwohl sie gerne in urigen Berghütten übernachtet ist sie dem Luxus von guten Hotels nicht abgeneigt.