Wandern in Montenegro - Der Durmitor Nationalpark

Eine wunderschöne Landschaft... - (c) Christine Kroll

Der kleine Staat Montenegro liegt an der südlichen Adria inmitten von Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Kosovo und Albanien, mitten auf dem Balkan. Auf kleinem Raum bietet das Land, das seit 2006 unabhängig ist, eine unglaubliche landschaftliche Vielfalt: Neben wunderschönen Adriastränden lockt das Landesinnere mit Seen, Bergen und Schluchten, die teilweise kaum erschlossen sind. Die meisten der rund 616.000 Einwohner leben in der Hauptstadt Podgorica, gut die Hälfte der Einwohner ist in einer der drei größten Städte des Landes zu Hause. Das hat zur Folge, dass das restliche Land sehr spärlich besiedelt ist und von viel wilder Natur geprägt ist.

Das Ziel für Wanderer ist der Durmitor Nationalpark im Norden des Landes. Das Gebiet rund um das Durmitor Massiv, das zum Gebirgszug der Dinariden gehört, wurde bereits 1952 zum Nationalpark erklärt und gehört seit dem Jahr 1980 ebenfalls zum Weltnaturerbe der UNESCO. Während die Montenegriner den Nationalpark vorzugsweise im Winter zum Skifahren besuchen, ziehen internationale Besucher den Sommer zum Wandern vor. Mit 48 Gipfeln über 2000 m Höhe gibt es für Wanderer einiges zu entdecken. Neben hohen Berggipfeln befinden sich im Nationalpark 18 Gletscherseen, die schöne Ziele für leichtere Wanderungen sind.

Die schönsten Wanderungen im Durmitor Nationalpark
Ausgangspunkt für Wanderungen im Durmitor Nationalpark ist die Stadt Zabljak. Der Ort mit seinen 2.000 Einwohnern besticht nicht gerade durch seine Schönheit und ähnelt einer Retortenstadt, ist aber der einzige Ort im Nationalpark. Hier finden Wanderer Unterkünfte verschiedener Kategorien, Restaurants, Supermärkte, Informationsbüros und Tourenanbieter.

Der höchste Gipfel des Nationalparks und gleichzeitig Montenegros höchster Berg ist der Bobotov Kuk mit 2.523 m Höhe. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass die Hauptgipfel der Maja Kolata im Prokletije-Gebirge ein paar Meter höher sind, allerdings liegen diese zur Hälfte in Albanien, weshalb in der Regel der Bobotov Kuk als höchster Berg des Landes bezeichnet wird. Konditionsstarke Wanderer können aus dem Zentrum von Zabljak zum Bobotov Kuk starten. Nicht minder schön ist die Route vom Pass Sedlo, bei der man sich ca. 400 Höhenmeter im Auf- und Abstieg spart. Die Wanderung hat von hier aus immer noch 12 km und 950 Höhenmeter, ist also eine lohnende Tagestour. Vom Pass geht es zunächst über grüne Wiesen gemächlich bergauf. Unterwegs sind zwei Geröllfelder zu queren, bis man schließlich an einem Sattel unterhalb des Gipfels steht. Ab hier sind nun Trittsicherheit und Schwindelfreiheit gefragt. An einigen besonders ausgesetzten Stellen sind zur Hilfe Stahlseile angebracht. Am Gipfel gibt es als Entschädigung für die Mühen ein 360-Grad-Panorama über den Nationalpark. Der Blick schweift über die anderen Gipfel und die Gletscherseen des Nationalparks, die wie Augen in der Landschaft liegen. Der Abstieg erfolgt entweder über den gleichen Weg oder nach dem Sattel durch ein idyllisches Gletschertal, wobei bei dieser Variante am Schluss etwa drei Kilometer auf der Straße bis zum Ausgangspunkt zurückgelegt werden müssen.

Lohnend ist auch eine Tour auf einen der optisch schönsten Gipfel des Massivs: den Terzin Bogaz, der mit seinen 2306 m Höhe wie ein Schiff in die Landschaft ragt. Vom Zentrum von Zabljak spaziert man zunächst etwa 2,5 km zum Schwarzen See (Crno Jezero), einem der Besuchermagneten im Park. Um den See führt ein gut ausgebauter Rundweg, der sich großer Beliebtheit erfreut. Bei einem frühen Start ist es am Seeufer aber noch ruhig. Den See lässt man auf dem Weg zum Terzin Bogaz bald links liegen und steigt langsam aber stetig durch den Wald bergauf. Nach etwa 400 Höhenmetern erreicht man ein Gletschertal aus der letzten Eiszeit. Hier liegt der Lokvice See idyllisch neben einer alten Schäferhütte und man sieht das Ziel links vor sich liegen. Aber hier wird die Wanderung anspruchsvoller und anstrengender, über loses Geröll geht es steiler bergauf, bis man schließlich an einer Weggabelung am Bergsattel Velika Previja steht. Durch dichte Latschen geht es weiter, bis man schließlich vor dem felsigen Aufbau des Terzin Bogaz steht. Unter Einsatz der Hände und mit Hilfe eines Stahlseils an einer exponierten Stelle hat man von hier bald den Gipfel erreicht. Das Panorama umfasst sämtliche Gipfel des Nationalparks, in der Ferne liegt Zabljak im Tal. Bis zum Sattel erfolgt der Abstieg auf dem gleichen Weg. Dort zweigt man in das Tal Velika Kalica ab. Mal mehr, mal weniger steil geht es durch Steinblöcke und Latschen hinab, bis man schließlich wieder in den Wald eintaucht und nach 16 km wieder den Schwarzen See erreicht. Von hier sind es dann noch einmal 2,5 km zurück nach Zabljak. Wer sich die 5 km sparen möchte, kann mit dem Auto oder Taxi bis zum Schwarzen See fahren und die Wanderung hier starten.

Im Norden des Durmitor Nationalparks liegt mit der Tara Schlucht eine der tiefsten Schluchten der Erde. An seiner tiefsten Stelle hat der Tara Fluss sich hier 1300 m tief in den Fels geschnitten. Besonders schöne Blicke in die Schlucht bekommt man vom Aussichtspunkt Curevac. Ein Rundweg führt von Bosaca zunächst durch den Wald und dann auf einem schmalen Pfad hoch über der Schlucht entlang, bevor man schließlich den Aussichtspunkt erreicht. Auf der anderen Seite führt der Weg zurück zum Aussichtspunkt. Mit nur 10 km und 150 Höhenmetern ist die Tour perfekt zum Einlaufen am Ankunftstag.

Keine Wanderung, aber einen schönen Blick auf den Tara Fluss bekommt man von der berühmten Durdevica-Tara Brücke, etwa 25 km von Zabljak entfernt. Die Betonbrücke aus dem Jahr 1940 überspannt den Fluss in “nur” 150 m Höhe und bietet schöne Blicke in das Tal. Heute sieht man der Brücke ihre Jahre an, bei ihrem Bau war sie eine der größten Stahlbeton-Bogenbrücken Europas. Nur zwei Jahre nach dem Bau sprengten Partisanen einen der Bögen in die Luft, 1946 wurde sie wieder aufgebaut und tut seitdem verlässlich ihren Dienst. Abenteuerlustige Reisende können die Schlucht neben der Brücke auf einer Zip-Line überqueren oder sich auf einer Raftingtour in die Stromschnellen des Flusses begeben.

Allgemeine Informationen
Die Eintrittsgebühr für den Durmitor Nationalpark beträgt 5 € pro Tag. An den Zugangspunkten zum Park kassieren Parkranger die Gebühr und geben Tipps und aktuelle Informationen zu den Routen im Park. Die Wanderwege sind erstaunlich gut markiert und an größeren Abzweigungen weisen Schilder die verschiedenen Gipfelziele im Park aus. Sieht man über mehrere hundert Meter keine Markierung mehr, hat man wahrscheinlich eine kleine Abzweigung verpasst und sollte zur letzten Markierung zurückgehen.

Für alle Wanderungen im Durmitor Nationalpark gilt es ausreichend Wasser und Proviant mitzunehmen. Es gibt im Nationalpark keine Hütten oder andere Einkehrmöglichkeiten, so dass genügend Getränke und Essen für die teilweise langen Touren mitgeführt werden sollten.

Auch wenn Montenegro nicht Teil der EU ist, hat das Land im Jahr 2002 den Euro eingeführt. Bei der Einreise braucht man mit dem Auto von Kroatien kommend in der Hochsaison etwas Geduld, da man eine EU-Außengrenze passiert, an der strenger kontrolliert wird.

Montenegrinisch gehört zu den slawischen Sprachen und ähnelt Bosnisch, Kroatisch und Serbisch, die den gleichen Sprachstamm haben. Schilder sind oft sowohl in lateinischer als auch in kyrillischer Schrift zu finden, wobei heute die lateinische Schrift überwiegt. Viele Montenegriner sprechen zudem hervorragend Englisch, was die Kommunikation unterwegs sehr vereinfacht.

Über den Autor*Innen

Wanderfreak Autorin Christine Kroll

Christine Kroll

Mit einer Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau und anschließendem Studium der Tourismuswirtschaft hat Christine nach dem Abitur ihr Hobby Reisen zum Beruf gemacht. Seit über 20 Jahren arbeitet sie als Produktmanagerin bei verschiedenen Reiseveranstaltern. In ihrer Freizeit ist Christine am liebsten draußen. Je nach Saison findet man sie zu Fuß, mit dem Mountainbike oder auf (Touren-)Ski in den Bergen. Egal ob in den heimischen Alpen oder auf einer ihrer Reisen in Europa und der Welt, draußen aktiv zu sein gehört für Christine immer dazu.