Fernwanderung von Berlin nach München

Fernwanderung von Berlin nach München - Der Autor Daniel Krezdorn im Neuseenland bei Leipzig - (c) Daniel Krezdorn

Berlin und München, diese beiden Städte und ihre Gegensätze sind Inhalt vieler Artikel. Doch wie sieht es eigentlich zwischen diesen beiden Zentren aus? Die meisten dürften die Landschaft nur aus dem Auto- oder Zugfenster kennen und die wenigsten haben irgendwo einmal einen Zwischenstopp eingelegt, um die dortige Region näher zu besichtigen.

Ich habe 2020 beschlossen, das zu ändern und das Land zwischen den beiden Großstädten kennen zu lernen. Und wie geht das besser als zu Fuß? Eine Fernwanderung wollte ich ohnehin schon länger machen und diese Route bot sich durch meinen Umzug in den Süden an. Beim Planen stellte ich aber schnell fest, dass es zwar durchgehende Zug-, Straßen- und Radverbindungen zwischen diesen beiden Städten gibt, aber keinen durchgehenden Fernwanderweg. Also kombinierte ich mir kurzerhand meine eigene Strecke aus verschiedenen (über-)regionalen Wegen.

Route und Übernachtung
Orientiert an der alten Reichsstraße (Via Imperii), die bereits im Mittelalter als wichtige Handelsroute von Stettin nach Hof genutzt wurde, führte mein Weg von Berlin nach Hof. Von dort durchquerte ich Oberfranken und die Oberpfalz und folgte Teilen des Main-Donau-Wegs, des östlichen Albsteigs sowie des Jurasteigs bis Regensburg. Ab Regensburg war die Donau flussaufwärts mein Begleiter und ich lief auf einem Teil des bayerischen Jakobswegs bis nach München. Am Ende ergab sich eine Strecke von 670 km (hier zu sehen), die ich auf 26 Tagesetappen und 2 Ruhetage verteilte.

Übernachtet habe ich großteils in Pensionen; auf einem 4-tägigen Abschnitt ging es nachts ins Zelt. Durch die corona-bedingten Beherbergungsauflagen mussten die Unterkünfte vorab organisiert werden. Das schränkte zwar die Spontanität etwas ein, dafür musste ich mir während des Wanderns keine Gedanken über die Schlafmöglichkeit machen.


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Von Berlin bis nach Altenburg
Zum Anfang der Tour dominierten noch riesige Äcker und Waldflächen die Landschaft. Mit dem sandigen Boden unter den Füßen und dem harzigen Waldgeruch kann man in dieser Region aber gerade an heißen Tagen leicht vergessen, dass man sich in Deutschland befindet. Durch die geringe Bebauung hat man auch immer wieder weite, ungestörte Ausblicke; etwas, was sonst in Deutschland und gerade zum Ende der Tour eher selten ist. Nur einige verlassene Häuser in kleinen Dörfern erinnern daran, dass hier eher unfreiwillig infolge des Strukturwandels wenig Bebauung vorherrscht.

Nach der Querung der Elbe bei Lutherstadt Wittenberg veränderte sich die Landschaft bereits ein wenig, der Boden wird erdiger und die Äcker werden kleiner. Nur die Dübener Heide macht hier mit ihrer weiten und abwechslungsreicheren Waldfläche eine Ausnahme. Der gleichnamige Kurort Bad Düben ist Ausgangspunkt für viele Ausflüge auch entlang der Mulde, die 2003 das Hochwasser in die Region brachte. Auf dem weiteren Weg nach Leipzig folgten teilweise komplett verfallene Dörfer und zunehmend stärker zerschnittene Flächen. Leipzig selbst hat jedoch in den letzten Jahren eine enorme Entwicklung hingelegt und lockt mit einer schön restaurierten und belebten Innenstadt sowie einem breitgefächerten Kulturprogramm.

Südlich von Leipzig ging es durch die ehemalige Braunkohleabbauregion, die geflutet und aufwendig in ein Freizeitidyll mit dem klingenden Namen „Neuseenland“ umgestaltet wurde; Seepromenade inklusive. Das riesige Gebiet lässt sich von Leipzig aus super in verschiedenen Tagestouren erkunden; auch mit dem Boot über das dichte Kanalnetz. Zwischen den diversen Seen hindurch und über Felder und kleine Waldabschnitte wanderte ich weiter in Richtung Altenburger Land, das vielen wegen dem Kartenspiel Skat und dem Ziegenkäse ein Begriff sein dürfte.

Über das Vogtland in die Oberpfalz
Die vorher noch flache Landschaft änderte sich hier merklich und es wurde hügeliger mit teilweise stärkeren Anstiegen als der Blick auf die Karte vermuten lassen würde. Auf dem weiteren Weg habe ich das Vogtland durchquert. Eine kleine Zeitreise in die jüngere Industriegeschichte – kam ich doch vorbei an vielen ehemaligen Textil- und Industrie-Hochburgen wie Glauchau, Zwickau, Reichenbach und Plauen. Die beiden größten Ziegelbrücken der Welt zeugen noch von dieser Zeit. Trotz dieser Vergangenheit warten auf Wanderfreunde teilweise noch unzerstörte Naturlandschaften mit vielen Bächen und Flüssen sowie kleine, angenehm zu bewandernden Trampelpfaden.

Nur wenige Kilometer vor Hof erreichte ich die frühere deutsch-deutsche Grenze, die heutzutage fast durchgängig als grünes Band mit vielfältiger Tier- und Pflanzenwelt zum Wandern einlädt. Südlich der oberfränkischen Stadt querte meine Route das Fichtelgebirge. Hier ist es mit dem höchsten Punkt von 1050 m ü. NN nun schon bergiger und ein starker Kontrast zu den anfänglichen Tagesrouten im Bereich von 40 m ü. NN. Insgesamt habe ich dieses Gebirge als eine entspannende Kulisse mit viel Grün, plätschernden Bächen und wenig Verkehr erlebt. Über verträumte Ortschaften, unzählige Waldgebiete, Bäche und Flüsse gelangte ich schließlich in die Oberpfälzer Zentren Weiden und Amberg.

Die Oberpfalz ist noch verhältnismäßig stark bewaldet und durchzogen von zahlreichen Wasseradern, die eine Canyon-artige Landschaft geschaffen haben. So wundert es auch nicht, dass auf diesem Abschnitt entlang des Vils- und Naabtals immer wieder Auf- und Abstiege mit 100 m Höhendifferenz an den kleineren Zuflüssen warten. Fans derartiger Steige kommen hier definitiv auf ihre Kosten und mit zahlreichen Klöstern und Burgen gibt es zudem auch einiges zu besichtigen. Nach knapp einer Woche in Nordbayern kam ich schlussendlich in Regensburg an; der letzten größeren Stadt vor dem Ziel München. Die historische Altstadt, die direkt an der Donau liegt, ist auf jeden Fall einen Abstecher wert und bietet mit der Walhalla und anderen Sehenswürdigkeiten in der Nähe eine gute Basis für weitere Ausflüge.

Von Regensburg in die Hopfenregion und nach München
Nach Regensburg führte der bayerische Jakobsweg zunächst entlang der Donau nach Kelheim mit der berühmten Befreiungshalle und weiter zum nicht weniger bekannten Donaudurchbruch und dem unweit davon gelegenen Kloster Weltenburg. Interessierte können diese einmalige Kulisse auch von der Wasserseite aus genießen und rund um Kelheim mit Tagesausflügen die Altmühl sowie die ausgedehnten Waldflächen auskundschaften.

Im weiteren Verlauf folgte die sehr wirtschaftlich geprägte Region rund um Neustadt an der Donau. Doch nur einen Tagesmarsch entfernt ist die Hallertau erreicht – eine der weltgrößten Hopfenanbauregionen der Welt. Hier gibt es für Bierfreunde viel zu entdecken und das satte Grün dieser besonderen Rankpflanze kurz vor der Ernte im September ist ein schöner Blickfang in dieser ansonsten eher eintönigen Landschaft.

An zahllosen Hopfen-Feldern vorbei folgte mein Weg der Ilm und später der Amper bis nach Dachau auf den dortigen Schlossberg. Bei guter Sicht hat man hier einen tollen Ausblick auf die Alpen am Horizont. Mit einem weiteren Tagesmarsch kam ich nach einem Monat Wanderschaft an meinem Ziel München an.

Die Tour selbst erleben
Für mich war diese Fernwanderung meine Erste und ich empfand das tägliche Draußen sein an der frischen Luft als sehr wohltuend, befreiend und irgendwie auch erdend. Die einzelnen Regionen und Landstriche waren doch unterschiedlicher als ich es zunächst erwartet hätte. Und fast überall begegnete ich sehr freundlichen und aufgeschlossen Menschen. So wurde dieses Erlebnis noch schöner.
 
Für Alle, die jetzt mehr über die Tour lesen möchten oder Lust bekommen haben, selbst einmal in diesen Gefilden unterwegs zu sein – und sei es nur für einige Tage –, habe ich eine gute Nachricht: Weil ich anfangs keine Route für diese Strecke zwischen den beiden Großstädten finden konnte und mich die Wanderung so begeistert hat, habe ich das Buch mit dem Titel „Ick loof, weil's mi gfreit!“ geschrieben. Als Reisebericht und Wanderführer bietet es sämtliche Informationen inklusive Karten zu jeder Tagesetappe, um die gesamte Wanderung oder Ausschnitte davon relativ einfach nachzumachen. Weitere Informationen dazu und der gesamten Route finden sich unter: draussentutgut.de/buecher.

Über den Autor*Innen

Daniel Krezdorn

Daniel Krezdorn, geboren 1987 in München zog es bereits im Studium immer wieder in die weite Welt- Auf zahlreichen Rucksack reisen erkundete er die vielfältigen Landschaften vor allem in Süd-, Nordamerika und Europa. Mit jeder Reise wurde das Gefühl aber größer, das eigene Land nicht wirklich zu kennen. Also beschloss er das zu ändern und die einzelnen Regionen in Deutschland peu a peu auszukundschaften.