Der Knödel gehört zu Südtirol wie die Pasta zum Rest Italiens. Kaum ein Wanderer oder Skifahrer, der bei einem Urlaub im Reich der zackigen Dolomitenspitzen nicht einmal auf der Hütte zum Speck-, Käse- oder Spinatknödel greift. Auch Paul Grüner, Hotelier der Goldenen Rose in Karthaus, ist ein Fan der nahrhaften runden Spezialität. Genau deshalb hat er vor einigen Jahren sein Konzept „Ö wie Knödel“ ins Leben gerufen und der runden Köstlichkeit sozusagen die Krone aufgesetzt. Neben einem Knödel-Catering, das er für Firmen, Feste & Co aufgezogen hat, findet in seinem Hotel immer dienstags ein Knödeltag statt. Und auch auf der zum Hotel gehörenden Schutzhütte „Schöne Aussicht“ kann man – Nomen est Omen – bei herrlichem Panoramablick auf die Gletscher und schroffen Gipfel der Ötztaler Alpen in 2.845 Metern Höhe feine Knödelkreationen genießen und mit diesem Soul Food Geist und Körper stärken. Das Angebot an runden Kreationen variiert je nach Inspiration des Kochs und reicht von den Klassikern bis hin zu Buchweizenknödeln, Spargelknödeln mit gebratenem Schinken und Trüffelknödeln oder der mediterranen Variante mit Auberginen und Mozzarella auf Basilikumsauce. Und natürlich gibt es auch Leckereien für den süßen Zahn, wie etwa die Variante mit Aprikose oder einen Schwarzwälder-Kirsch-Knödel, der so fein und ausgeklügelt ist, dass man die klassische gleichnamige Torte keinen Augenblick vermisst. Und Paul Grüner, Hotelier und Hüttenwirt in Personalunion, hat noch viele weitere Spielarten in petto, die er auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt machen will. Doch da der Knödel an sich durchaus nahrhaft ist, tut man gut daran, erst ein paar Kalorien abzuarbeiten, bevor man sich ganz dem kulinarischen Hüttenfeeling hingibt.
Gletscher-Genusstour mit eiskaltem Highlight
Und dafür bieten die umliegenden Gipfel mitsamt dem Gletscher vielfältigste Möglichkeiten. Ein besonders spannendes Erlebnis ist etwa die Schneeschuhwanderung, die bei der Bergstation der Schnalstaler Gletscherbahn, Südtirols höchster Seilbahn, beginnt. Nachdem man in nur sechs Minuten gut 1.200 Höhenmeter überwunden hat und auf 3.212 Metern ankommt, lohnt sich zunächst ein kurzer Abstecher zur neuen Aussichtsplattform „Iceman Ötzi Peak“, die im Sommer 2020 eröffnet wurde. Der Name steht dafür, dass diese herrliche Bergwelt bereits vor 5.300 Jahren das Zuhause des Ötzi war, jenem weltberühmten „Mann aus dem Eis“, der 1991 von einem deutschen Urlauber-Ehepaar nun unweit von hier, im Schneefeld des Similaun, gefunden wurde.
Zurück an der Bergstation beginnt nun die Schneeschuhtour, die man als Urlauber nur mit einem erfahrenen Südtiroler Bergführer unternehmen sollte, da sie über unmarkiertes Gelände führt und im Vorfeld sowohl Witterung als auch Lawinengefahr besondere Aufmerksamkeit verdienen. Wir haben Glück und können uns am Tag unserer Tour über beides freuen: den netten Bergführer Robert, der 35 Jahre Dolomitenerfahrung mitbringt, und einen himmelblauen Strahletag. Gut eingepackt und mit Skibrille ausgestattet starten wir auf die insgesamt zweieinhalbstündige Rundtour, auf deren Hinweg eine faszinierende Eishöhle auf uns wartet. Zwar gilt es insgesamt nur rund 200 Höhemeter zu überwinden, doch sollte man wegen der Schneetiefe und den möglicherweise beträchtlichen Minustemperaturen ein Mindestmaß an Ausdauer und Sportlichkeit mitbringen. Nach einem einstündigen Marsch querfeldein werden wir mit bizarren glitzernden Eisformationen und einer Höhle belohnt, die wie ein Kristall leicht türkisblau schimmert. Robert befreit sein sonnengegerbtes von einigen Schneeflocken, während wir uns mit einem heißen Schluck Tee für den Marsch zur Hütte rüsten. Wieder geht es in leichtem Auf und Ab voran, in der Ferne sieht man die Skipistler gleichmäßig ihre Schwünge ziehen. Auf rund 3.000 Metern geraten wir das eine oder andere Mal ganz schön aus der Puste, doch wir sind weiterhin hochmotiviert, denn wir wissen, was am Ende in der Schönen Aussicht auf uns wartet: Nicht nur die köstlichen Knödelkreationen, sondern auch die höchste Außensauna Europas, wo wir unsere kalten Gliedmaßen wohlig wärmen können. So mancher Skifahrer tut es uns gleich und verschwindet nach der Schwitzrunde gleich in eines der kuscheligen Zwei- oder Mehrbettzimmer im Obergeschoß der Hütte. Die Schöne Aussicht mit ihren gemütlichen Holzstuben ist großzügig angelegt und bietet nicht nur rund 50 Schlafgästen Raum, sondern am Abend auch ein mehrgängiges Spezialitätenmenü mit feinen Südtiroler Tropfen und einem abschließenden Zirbenlikör. Hier am Gletscher wird eben auch G wie Genuss ganz großgeschrieben.
Tipp: Wer zum Übernachten anstatt des Hüttenfeelings eher den feinen Luxus eines Hotels liebt, der sollte sich in Paul und Stefania Grüners Hotel Goldene Rose im Klosterdorf Karthaus, auch Ort der Stille genannt, einbuchen. Das Small Luxury Hotel ist historisch gewachsen und war einst als Gasthof „Rosenwirt“ bekannt. Noch im 14.Jh. lag dieser außerhalb der Klostermauern, bis 1782 war er Wirtshaus und Gasthof für das Gesinde des Kartäuser Klosters., das noch heute das Gesicht des 300-Seelen-Dorfs prägt. Das Wirtshaus wechselte im Laufe der Jahrhunderte mehrfach den Besitzer, brannte 1924 bis auf die Grundmauern ab, wurde aber im Anschluss wieder komplett aufgebaut und 1932 von Paul Grüners Großvater Josef erworben. Die Familie führt das Hotel mit wunderbarem Spa-Bereich und feiner Küche inzwischen in dritter Generation und entwickelt es ständig weiter. Der letzte Coup der jungen Küchen-Crew: ein mehrgängiges Silentium-Menü, das sich in sehr kreativer Weise der vegetarischen Ernährungsweise der Kartäusermönche annähert, wobei auch hier wieder „G wie Genuss“ an oberster Stelle steht.
Weitere Informationen
Schutzhütte Schöne Aussicht
Die Hütte am Hochjochferner feierte 2021 ihr 125-jähriges Bestehen und ist idealer Ausgangspunkt für Bergsteiger, Skipistler, Skitourengeher und Schneeschuhwanderer.
ÜN im Zweibett- bzw. Doppelzimmer: 95 € pro Person inkl. Abendmenü und Frühstück. Tipp: Nur 800 Meter von der Hütte entfernt kann man im kleinen Zollhaus übernachten und in der Schlaf- und Wohnstube für Selbstversorger stille Zweisamkeit genießen. www.schoeneaussicht.it/de
Goldene Rose Karthaus
Das Refugium in Karhaus, dem Ort der Stille im Schnalstal, ist eine ideale Rückzugsmöglichkeit für alle, die der Hektik des Alltags entfliehen und sich ein paar Tage von herzlicher Südtiroler Gastlichkeit verwöhnen lassen möchten. www.goldenerose.it/de
Über den Autor*Innen
Susanne Wess
Susanne Wess ist 1968 in München geboren. Nach langjähriger redaktioneller Tätigkeit beim Fernsehen arbeitet sie seit 1999 als freiberufliche Journalistin und Autorin. Ihre Themenschwerpunkte sind Reisen, insbesondere verbunden mit Berg- und Radsport, Wellness und Lifestyle, sowie Food und Wein. Ihre Leidenschaft für edle Tropfen konnte Susanne Wess über die Jahre durch ihre frühere Arbeit im Weinhandel, durch zahlreiche Seminare – und natürlich ‘learning by doing’ – stets vertiefen.