Merinowolle ist die Funktionsfaser der Natur

Frank Selter Gründer der Firma Kaipara und Merino Fachmann

Ein Interview mit dem Merino-Fachmann Frank Selter

Funktionsbekleidung aus Merinowolle hat in den letzten Jahren den Outdoor-Markt erobert viele Wanderfreaks schwören inzwischen auf die "Funktionsfaser der Natur" wie der Gründer und Inhaber der Firma Kaipara, Frank Selter, diese Naturfaser nennt. Frank Selter führte mit uns am Rande der Outdoor-Messe zu einem Interview, indem er vieles über Merinowolle und seine Firma Kaipara zu erzählen hatte.

WF: „Herr Selter, was ist das Besondere an Merino?“

Frank Selter: "Man kann sagen, Merinowolle ist die Funktionsfaser der Natur, denn sie bietet neben ihrer Funktionalität einen extrem hohen Tragekomfort.

So ist Merinowolle:

  • geruchsneutralisierend durch ihre antibakterielle Eigenschaften
  • feuchtigkeitsregulierend und nimmt 33 % ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit auf
  • temperaturregulierend und wärmt bei Kälte, aber kühlt auch bei Wärme
  • atmungsaktiv und isolierend und stellt immer ein angenehmes Körperklima her
  • schnell trocknend und wärmt auch noch in nassem Zustand
  • pflegeleicht und in der Waschmaschine bei 40 Grad waschbar
  • mit natürlichem UV-Schutz bis Faktor 40 ausgestattet
  • schwer entflammbar und brennt erst ab einer Temperatur ab 560 Grad Ceslsius
  • ein nachwachsender und nachhaltiger Rohstoff


Durch diese Eigenschaften ist Merinowolle hervorragend für alle Sportarten geeignet, aber auch für Zuhause oder im Büro und auf Reisen als Unterwäsche. Immer dann, wenn man viel in Kontakt mit Menschen ist und sich nicht immer Sorgen will, ob das Deo auch mitmacht. Es etwas überspitzt ausgedrückt, kann man direkt vom Berg ins Office oder nach dem Morgensport im Meeting durchstarten, ohne sich umzuziehen. Merinowolle sorgt in jeder Situation für ein frisches und sicheres Tragegefühl."

WF: „Es gibt eine Fülle von Herstellern im Bereich Sport und Outdoor, wie kamen Sie auf die Idee eine eigene Kollektion mit eigener Produktion aufzubauen?“

Frank Selter: "Im Rahmen einer einjährigen Rucksackreise mit meiner Frau waren wir auch für 3 Monate in Neuseeland. Da wir passionierte Kletterer sind und zuvor schon einige Kleidungsstücke aus Merinowolle besaßen, hatten wir bereits die herausragenden Vorteile kennengelernt. In Neuseeland stießen wir dann jedoch auf Merinoqualitäten, die wir so bis dahin nicht kannten und wollten diese innerhalb eines nachhaltigen Konzeptes mit einer Produktion, "Made in Germany" verbinden."

WF: „ „Born in New Zealand – Made in Germany“ ist der Slogan von Kaipara, welche Firmenphilosophie steht hinter diesem Satz?“

Frank Selter: "Kaipara ist eine Sport- und Freizeitmarke, die dem ethischen Anspruch des umweltbewussten Kunden gerecht wird. Alle unsere Produkte werden aus bester neuseeländischer Wolle hergestellt, die das MAPP und ZQ-Merino Zertifikat tragen - das Öko-Zertifikat Neuseelands. Diese stehen für Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Tierschutz und soziale Verantwortung. Genau das entspricht auch den Werten unserer Firmenphilosophie.

"Born in New Zealand" bezieht sich auf unseren Rohstofflieferanten, das Merinoschaf, das in Neuseeland zuhause ist, wo auch die Idee "geboren" wurde. In Verbindung mit "Made in Germany" wollen wir das Beste aus zwei Welten zusammen bringen. Unsere Produktion ist im Allgäu und alle Artikel werden dort handgeschneidert - vom Zuschnitt, bis zum letzten Handgriff.

Auch die Zutaten, wie Reißverschlüsse und Garne beziehen wir von Firmen, die in Deutschland ansässig sind und dort produzieren. Alle Drucke und Stickereien werden in der Region von mittelständischen Familienunternehmen gefertigt."

WF: „ Was bedeutet der Begriff „Global Fair Trade“ in diesem Zusammenhang?“

Frank Selter: "Den Ausdruck "Think global, act local" könnte man hier als Leitfaden bezeichnen. Leider ist es nicht möglich Merinowolle in ausreichend hochwertiger Qualität aus Deutschland oder Europa zu beziehen. Daher greifen wir auf neuseeländische Merinowolle zurück, welche als die beste der Welt gilt. Durch das MAPP und ZQ-Merino Zertifikat wird gewährleistet, dass die Standards zur Nachhaltigkeit in allen Produktionsprozessen, von der Farm, bis zum fertigen Stoff berücksichtigt sind. Und trotz der fernen Herkunft ist die Energiebilanz deutlich positiver als die der Kunstfaser, die aus Erdöl hergestellt wird.

Mit unserer Fertigung hier in Deutschland schließt sich der Kreis, des "Global Fair Trade" Gedankens und wir bezahlen hier in Deutschland bei der Produktion faire Preise."

WF: „Sie sprechen bei Ihrem Merino-Stoff von „Goldqualität“, was kann man sich darunter vorstellen?“

Frank Selter: "Merinowolle ist das Gold Neuseelands und qualitativ ist Merinowolle nicht gleich Merinowolle. Dass wir bei einem Baumwolle T-Shirt leicht Preisspannen im Handel von 5 Euro bis weit über 50 Euro haben, ist bekannt und auch im Denken der Kunden verankert und wird je nach Anspruch und Geldbeutel akzeptiert. Bei Merinowolle sieht das noch anders aus. Da heißt es dann, wenn ein Merino T-Shirt teurer ist als das eines anderen Herstellers, dass es doch auch nur Merinowolle sei.

Doch bereits bei der Aufzug der Tiere begonnen, bis hin zu den verschiedenen Fertigungsprozessen gibt es ebenso viele Stellschrauben, die justiert werden können. Das alles spiegelt sich hinterher im Preis, aber eben auch in der Qualität. Das sollte jedem klar sein.

Abgesehen davon, bewegen wir uns im selben Preisbereich, wie unsere Mitbewerber, was daher kommt, dass wir ohne zusätzliche Margen für den Zwischenhandel arbeiten, also direkt vom Hersteller an unsere Kunden verkaufen können."

WF: „Erzählen Sie uns doch noch etwas mehr über die Produktion.“

Frank Selter: "Das war die größte Hürde zu Beginn. Eine Produktion in Deutschland war das erklärte Ziel, aber die produzierende Textilindustrie ist ja schon seit langem nach Osteuropa und Asien abgewandert. Und wir mussten in Deutschland jemanden finden, der uns zu Beginn kleine Serien in hoher Fertigungsqualität anbieten kann. Zum Teil wurden schon die Testmuster schräg und schlecht genäht.

Nach vielen Fehlschlägen hat sich dann unsere Musterschneiderin aus dem Allgäu angeboten, die zuvor bereits alle Schnitte mit uns entwickelt hat. Sie ist eine Meister-Schneiderin mit langjähriger Erfahrung aus der Industrie und da ihre Tochter zwischenzeitlich im Teenager-Alter war, war das eine schöne neue Herausforderung für sie, wieder in Vollzeit einzusteigen und unsere Produktion zu übernehmen.

Drucke und Stickereien lassen wir ebenfalls in der Region fertigen und beziehen alle Zutaten, wie Reißverschlüsse und Garne von Firmen aus Deutschland, die hier auch ihre Fertigung haben.

Es war uns einfach wichtig in allen Bereichen einen stimmigen roten Faden zu verfolgen um ein echtes "Made in Germany" bieten zu können."

WF: „Wie kam es eigentlich zu dem außergewöhnlichen Firmennamen „Kaipara“? Welche Bedeutung hat der Name?“

Frank Selter: "Die Namensfindung hat uns über Monate hinweg viele Kopfschmerzen bereitet, denn der Name musste auch aus markenschutzrechtlicher Sicht noch frei und eintragungsfähig sein.

Kaipara kommt aus der Sprache der Maori, eines ursprünglich polynesischen Volkes, das vor Jahrhunderten Neuseeland besiedelte. Bis heute sprechen die Maoris, hier wie dort, die gleichnamige Sprache: „Te Reo Māori".

„Nomen est omen", ist angeblich ein Zitat des römischen Komödiendichter Plautus, (250 – 184 v. Ch.) und bedeutet frei(er) übersetzt: „Der Name ist Zeichen" oder auch „Der Name ist Programm". Vor diesem Hintergrund haben wir mögliche Namen diskutiert und uns letztendlich für „Kaipara" entschieden, denn Kaipara bedeutet „sportlicher Wettbewerb".

Seit der griechischen Antike werden mit dem Begriff „sportlich" auch die Eigenschaften „athletisch" und „durchtrainiert" verbunden. Menschen, die heute als „sportlich" bezeichnet werden, betreiben aktiv Sport und sind sehr häufig auch „naturverbunden" und „umweltbewusst." Das Eigenschaftswort „sportlich" ist aber auch ein Synonym für „anständig", „aufrichtig", „ehrlich", „fair"; insbesondere in der englischen Sprache. Das Idiom „he's a good sports" umfasst diese vier Charaktermerkmale gleichermaßen.

In eben diesem Sinne möchten wir mit Kaipara ein Zeichen setzen und wir hoffen/ wünschen uns, dass unsere Kunden, dieses Zeichen auch als Botschaft verstehen."

WF: „Wie umfangreich ist die aktuelle Kollektion?“

Frank Selter: "Wir sind mit unseren ersten Merino T-Shirts für Damen und Herren im November 2013 online gegangen. Leider hatten wir vier Monate Verspätung und waren mitten zu Beginn der Wintersaison nur mit Kurzarm T-Shirts am Start. Im Februar diesen Jahres kamen dann die ersten Langarm T-Shirts und ein Zip-Neck dazu. Aktuell bieten wir T-Shirts in drei Grammaturen an. In der dünnen 150er Qualität, der 200er Ganzjahres Qualität und der 270er Winterqualität, in denen 8 verschiedene Farben zur Verfügung stehen."

WF: „Wie werden Sie die Kaipara Kollektion in nächster Zeit ergänzen?“

Frank Selter: "Aktuell ergänzen wir das Sortiment mit Schwarz als weiterer Farbe in der 200er Qualität für Langarm und Kurzarm T-Shirts. Noch für diesen Herbst arbeiten wir gerade an den Schnitten für lange und kurze Unterhosen, bzw. Leggings für Damen und Herren.

Generell folgen wir nicht dem exzessiven Saisongedanken, wie er heute von Handel und Industrie gelebt wird und unterwerfen uns nicht dem Diktat von immer schneller wechselnden Trends. Das bedeutet auch, dass wir gegen Ende der Saison nicht alles zu Schleuderpreisen verramschen und mit einem komplett neuen Farbkonzept in eine neue Saison starten. Vielmehr ergänzen wir unser Sortiment sukzessive nach Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit, denn alles andere führt auf lange Sicht zu einer Entwertung, was auch dem Gedanken der Nachhaltigkeit und Werthaltigkeit widerspricht."

WF: „Der Vertrieb Ihrer Produkte erfolgt ausnahmslos über Ihren Internetshop. Wieüberzeugen Sie Ihre Kunden, ein Produkt, das zum Anfassen und tragen gemacht ist, online zu kaufen?“

Frank Selter: "Das ist in der Tat keine kleine Herausforderung, denn auch wenn sich das Onlineshoppen zunehmender Beliebtheit erfreut und allgemein akzeptiert ist, fehlt ja dennoch das wichtige haptische Erlebnis, des Fühlens und die Möglichkeit den Wunschartikel zuvor anprobieren zu können.

Wir sind ein kleines Unternehmen und was unsere Kunden überzeugt, sind die Herausstellungsmerkmale von kompromisslos hoher Qualität und dem Produktionsstandort Deutschland". Unsere MAPP und ZQ-Merino zertifizierten Merinostoffe aus Neuseeland gehören zu den besten auf der Welt. Bisher gibt es keinen Hersteller, der reine Merinowolle dieser Güte in Deutschland gefertigt anbietet.

Die handwerkliche Fertigungsqualität zeichnet sich durch einen gleichbleibenden Größenausfall aus. Kennt der Kunde einmal seine Größe, wird ihm jedes Modell in dieser Größe passen.

Letztlich kommt noch das nicht zu schlagende Preis-Leistungs-Verhältnis dazu, denn durch den Verkauf ohne zusätzliche Margen für den Zwischenhandel, können wir Preise in Augenhöhe zu unseren Mitbewerbern machen.

Zukünftig werden wir neben dem Onlinehandel auch vermehrt an Verbrauchermessen teilnehmen und sind im August erstmals beim Deutschen Wandertag in Bad Harzburg mit einem Verkaufsstand vertreten. Desweiteren sind für dieses Jahr noch die Teilnahme an der "Gustav" in Dornbirn, für die Bereiche Nachhaltigkeit, Genuss und Design und die "Alpin-Messe" in Innsbruck als Klassiker im Bergsport bereits in Planung."

WF: „Ein Klassiker der letzten Fragen, wo sehen Sie „Kaipara“ in 5 Jahren?“

Frank Selter: "Soweit denke ich noch nicht konkret in die Zukunft. Erst einmal gilt es ein gesundes und solides Sortiment auf die Beine zu stellen. Damit werden wir sicherlich noch das aktuelle und gesamte kommende Jahr beschäftigt sein.

Auf jeden Fall werden wir weiterhin in Deutschland produzieren und auch das gewohnte Qualitätsniveau nicht verlassen. Und wir wollen das nachhaltigste Unternehmen werden, das in Deutschland produziert.

Natürlich habe ich bezüglich einer Kollektionserweiterung noch viele Ideen im Hinterkopf und man denke dabei nur an die verschiedenen Sportarten - von Radfahren bis Yoga. Hier lässt sich noch einiges machen.

Bereits jetzt haben wir ja auch weiße Merino T-Shirts im Sortiment, welche perfekt unter die Businessbluse und das Businesshemd passen und sich somit eine Verwendung in mehr als nur im Sport, geradezu aufdrängt."

WF: "Vielen Dank für das ausführliche Gespräch, ich selbst bin begeisterter Merino-Träger und habe heute vieles Neues erfahren."

Weitere Infos zu Kaipara

 

Über den Autor*Innen

Jörg Bornmann

Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.