Deutschland statt Afrika: Winterstörche melden

Der NABU will herausfinden, warum Weißstörche immer öfter in Deutschland überwintern - (c) NABU/Steffen Zibolsky

Störche in Kälte und Schneeregen – dieses ungewöhnliche Bild ist heute häufiger in Deutschland zu sehen. Der NABU möchte mehr darüber herausfinden, warum Weißstörche zunehmend auch in Deutschland überwintern und ruft darum zum Melden von „Winterstörchen“ auf. Vom 1. November bis zum 31. Januar 2024 können gesichtete Weißstörche unter NABU-naturgucker.de/weissstorch gemeldet werden. Jeder kann bei diesem Citizen-Science-Projekt mitmachen und helfen, Weißstörche besser kennenzulernen und zu schützen.

Der Weißstorch ist einer der bekanntesten Vögel Deutschlands und Wappenvogel des NABU. „Als Langstreckenzieher überwintert er in Afrika – eigentlich“, sagt Bernd Petri von der NABU-Bundesarbeitsgruppe Weißstorchschutz. „Wir beobachten aber schon seit Jahren, dass sich das Zugverhalten ändert.“ Von den Vögeln, die auf dem Zug das Mittelmeer westlich umfliegen, den sogenannten „Westziehern“, bleiben inzwischen immer mehr auf der Iberischen Halbinsel statt weiter nach Afrika zu fliegen. Auch in Deutschland werden vermehrt zwischen November und Januar „Winterstörche“ beobachtet. Petri: „Das regelmäßige Monitoring der NABU-Bundesarbeitsgruppe Weißstorchschutz ergab jeweils mehrere hundert Vögel in den letzten Jahren, die hiergeblieben sind.“

Der ungewohnte Anblick führt dazu, dass sich manche Menschen Sorgen machen, dass die Störche erfrieren könnten. „Dafür gibt es aber keinen Grund“, so Petri. „Dem Storch als großem Vogel macht die Kälte kaum etwas aus, da er die Wärme wesentlich besser speichern kann als kleine Singvögel wie Meise und Spatz – und die überwintern schließlich auch bei uns.“

Über die Gründe für das veränderte Zugverhalten ist bisher nur wenig bekannt. Nahe liegend ist, dass die Klimakrise eine Rolle spielt. In immer milderen Wintern mit wenig Schnee finden Weißstörche als Nahrungsopportunisten inzwischen meist auch bei uns ausreichend Mäuse, Würmer, kleine Fische und Abfall auf offenen Mülldeponien. Denn Weißstörche treten ihren Zug in den Süden nicht etwa wegen der Kälte, sondern vor allem wegen der Nahrungsknappheit im europäischen Winter an. Petri: „Bleiben die Vögel hier, ersparen sie sich zum einen den kräftezehrenden Zug. Zum anderen sind sie früher als ihre ziehenden Artgenossen in den Brutgebieten und können so die besten Neststandorte besetzen.“ Ein angepasstes Zugverhalten kann also Vorteile bringen. Möglicherweise spielen bei den „Winterstörchen“ auch Zufütterung sowie Prägungen durch Wiederansiedlungsprogramme eine Rolle. Mit dem neuen Meldeportal erhoffen sich die Weißstorchschützende mehr über die in Deutschland überwinternden Störche zu erfahren.

Über den Autor*Innen

Jörg Bornmann

Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.