Der Ötzi - Jahrhunderfund aus dem Gletscher

Vor 30 Jahren, am 19. September 1991 erblickte einer der bekanntesten Südtiroler zum zweiten Mal das Licht der Welt. Dabei handelte es sich aber nicht um eine Geburt, sondern vielmehr um den spektakulären Fund eines Nürnberger Ehepaares. Viele ahnen wahrscheinlich bereits wer gemeint ist, der Mann aus dem Eis, der Iceman oder der Ötzi, wie er wohl am häufigsten genannt wird.

Bis zum heutigen Tage konnte man nicht endgültig klären, aus welcher Gegend Ötzi wirklich stammte, aus welcher Region er vor etwa 5.300 Jahren kam, als er unterhalb des Tisenjochs gewaltsam ums Leben kommt. Auch nach 30 Jahren intensiver Forschung gibt der Ötzi den Wissenschaftlern noch viele Rätsel auf. Genetische Untersuchungen haben ergeben, dass er wohl am ehesten der ladinischen Volksgruppe zugerechnet werden darf und damit nicht nur in Südtirol gefunden, sondern auch ein Südtiroler wäre. Sicher ist auf alle Fälle, der Fundort liegt eindeutig auf Südtiroler Gebiet.

So fand der Gletschermann sein neues Zuhause in Bozen und es ist ein wunderschönes Heim, das sich zu besuchen lohnt. Allein die Geschichte des Fundes füllt Bücher und ist auf so vielen Zufällen aufgebaut, dass man es fast nicht glauben möchte. Eben an diesem 19. September im Jahr 1991 ist das Ehepaar Erika und Helmut Simon in den Ötztaler Alpen auf einer Bergtour unterwegs. Sie verlassen entgegen ihres ursprünglichen Plans den markierten Weg und erreichen dabei die Fundstelle.

Begünstigt durch die warmen Sommer der vorhergehenden Jahre und der aktuell vorherrschenden Wetterlage, einem warmen Wind mit Sandstaub aus der Sahara, gibt der Gletscher den Ötzi aus seinem Eisgrab zu Teilen frei, eine archäologische Sensation. Grob geht man zunächst mit ihm um, den man heute hegt und pflegt. Mit Pickel und zuletzt Presslufthammer wird er aus dem Eis, das noch große Teile seines Unterlaibs umgibt befreit. Noch ahnt man nicht welchen historischen Fund man vor sich hat, sondern geht eher von einem gefallenen Soldaten aus einem der beiden Weltkriege aus. Auch der Heuschuh an einem Fuß und die zeitgleich gefundene Bronzeaxt lässt das Bergungsteam nicht an der Banalität des Fundes zweifeln. Man kann im Nachhinein nur von Glück sagen, dass es sich beim Ötzi um eine so genannte Feuchtmumien handelt, ansonsten wären seine Überreste wahrscheinlich in tausende Puzzlestücke zerbrochen. So wurde „lediglich“ ein Teil seiner Hüfte zerstört, das später aber wieder rekonstruiert werden konnte.

Zufälle über Zufälle, denn wäre die Mumie nicht innerhalb weniger Wochen, ja Tagen gefunden worden, Luft und Sonne hätten sie schnell zerfallen lassen. Wäre das kalte Grab des Eismenschen nicht eine Felsmulde gewesen, Ötzi wäre im „ewigen“ Eis niemals so lange gefangen gewesen oder von den Eismassen zerdrückt und zermahlen worden, wären die klimatischen Bedingungen bei seiner Ermordung anders gewesen, das Eis des sich damals erst entwickelnden Gletschers hätte ihn nicht konservieren können, wären die klimatischen Verhältnisse 1991 und in den Jahren zuvor anders gewesen, der Gletscher hätte ihn nicht freigegeben und wäre das Ehepaar Simon nicht vom markierten Weg abgewichen, die Mumie wäre rasch zu Staub zerfallen.

So ranken sich schnell Mythen und Geschichten um die Gletschermumie. Das öffentliche Interesse am Iceman ist schnell geweckt und man geht in Südtirol einen „neuen“ Weg. Die Mumie wird nicht nur der Wissenschaft, sondern auch relativ schnell der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In einer wunderschön gestalteten Ausstellung im Archäologischen Museum in Bozen kann man sowohl die Gletschermumie als auch die zahlreichen Fundstücke bewundern. Die speziell dafür entwickelte Konservierungstechnik erlaubt es Mumie, Kleidung und Beifunde Fachwelt und breitem Publikum zugänglich zu machen.

Weitere Informationen zur Ausstellung und Veranstaltungen
Südtiroler Archäologiemuseum
Museumstraße 43
Bozen
www.iceman.it

Öffnungszeiten
Dienstag - Sonntag 10:00 bis 17:30 Uhr
(Juli, August und Dezember täglich)

Über den Autor*Innen

Jörg Bornmann

Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.