Wenn man die Worte Nagelfluh, Herrgottsbeton, Fasnatziestag, Butz, Kässpatzen, Schrothkur und kleines Bermuda Dreieck hört, dann ist man in Oberstaufen im Oberallgäu. Oberstaufen liegt quasi mitten im Naturpark Nagelfluhkette, in dem die Berge zu jeder Jahreszeit anders sind. Mit seinen Sennereien, Alpen und Weiden ist das Oberallgäu eine Käsegenussregion. Der Käse gehört zum Allgäu, wie die Luft zum Atmen.
Ankommen im Hotel Allgäu Sonne in Oberstaufen kann man gleich eine Jause genießen und dabei einen Blick auf die Berge zu werfen. Der Hochgrat ist mit 1.833 Metern der höchste Berg im Oberallgäu. Der 1.325 Meter hohe Imberg ist mit Wanderwegen, Einkehrmöglichkeiten und einer Sommerrodelbahn der Hausberg von Oberstaufen. Der erste Schritt zur Entspannung beginnt im Hotel in der großzügige Sauna-Anlage mit Ruheraum. Auf der angrenzenden Terrasse kann man sich im Liegestuhl in der frischen Bergluft erholen und träumen.
Regionale Küche leicht interpretiert
Am Abend ist das Thema „Steakabend“. Die Auswahl ist schwer, Filet-, Rib-Eye- oder T-Bone-Steak? Wer kein Fleisch mag, für den gibt es Saibling oder auch eine vegetarische Variante mit Kartoffelsoufflé mit Marktgemüse. Das Abendessen fängt mit einem Salatbüffet an. Bei Vorspeise, Suppe und Nachtisch kann man immer zwischen zwei Möglichkeiten wählen. Das Käsebüffet mit Allgäuer Käse ist überwältigend. Der Chefkoch ist Ralf Lauzening, er konzentriert sich auf die regionale Küche, die er leicht und modern interpretiert. Sein Motto ist: Warum in die Ferne schweifen, denn das Gute ist so nah.
Schlagerfestival für Tänzer
Im Stießbergstüble im Hotel tanzt der Bär bei Live-Musik. Ein weiblicher und männlicher DJ singen zu Schlagermusik und spielen auch ab und zu auf der Gitarre dazu. Da kribbelt es in den Füssen, man muss einfach mittanzen. Für einen Absacker geht es zum Cool-Down an die Bar in der großen Panoramahalle.
So kann der Tag beginnen
Das große Schwimmbad lädt am Morgen zu ein paar Schwimmzügen ein. Für Aktive gibt es ein großes Gymnastik-Programmen. Beim anschließenden Frühstück, das man sich ja verdient hat, bleiben keine Wünsche offen. Das Büffet bietet wirklich alles, was man zum Frühstück möchte. Die Auswahl für Müsli ist sehr groß, dafür gibt es eine eigene Abteilung. Eierspeisen, Lachs, Schinken, Wurst, Käse, Marmeladen, Obstsäfte – alles steht bereit. So ist man gestärkt für eine weitere Aktivität, eine Wanderung mit dem hoteleignen Wanderführer.
Oberstaufen shopping
Auch Oberstaufen lockt für eine Erkundung. Der kostenlose Hotelshuttle fährt zum Bahnhof in Oberstaufen. Wie soll es auch anders im Oberstaufen sein, es gibt viele Geschäfte die Käse verkaufen. Trachten- und Sportgeschäfte ergänzen das Angebot. Der Platzhirsch ist ein besonders Café, das übervoll mit ausgefallenen Dekorationen geschmückt ist, die man auch kaufen kann. Der Besitzer Rainer Buchmann kauft alles in Paris auf einer Messe ein. Man trifft sich im der überladenen Deko-Welt, die eine verzauberte Atmosphäre wie im Märchen ausstrahlt. Am authentischen Bauernmarkt an der Mariensäule, dem früheren Standplatz des Prangers, kann man bei Bauern regionale Produkte probieren und einkaufen.
Hotel Allgäu Sonne
Leopold Levinger hat sich in die Gegend um Oberstaufen verliebt und das Hotel Allgäu Sonne auf dem Hügel 1989 gekauft. Sein Sohn Manuel Levinger, der heutige Besitzer, begann das Hotel nach und nach zu vergrößern und zu modernisieren. Die dritte Generation ist schon auf dem Sprungbrett, der Sohn von Manuel Levinger ist bereits in der Hotelfachschule. Das Hotel hat eine Original Schrothkur-Abteilung und ist auf Sport, Wellness und Genuss spezialisiert. Viele Gäste sind Stammgäste und kommen seit Jahrzehnten. Auch die Schroth-Packerin, Bedienungen, Barkeeper und Physiotherapeutinnen arbeiten schon sehr lange im Hotel. Man grüßt sich, man kennt sich, unterhält sich und man fühlt sich wie in einer großen Familie. Gut ist, dass das Hotel an 365 Tagen im Jahr geöffnet ist. Ein anderer guter Punkt ist, dass es auch für Alleinreisende und Freundesgruppen geeignet ist. Von 149 Zimmern und Suiten sind 65 Einzelzimmer.
Schrothkur im Hotel Allgäu Sonne
Die Schrothkur-Teilnehmer haben im Hotel Allgäu Sonne ein eigenes urgemütliches Restaurant, damit sie nicht in Versuchung geführt werden, denn sie dürfen nur eine stark kalorienreduziert Kost, die auf dem seit Jahrtausenden bekannten Prinzip des Heilfastens basiert, essen. Die Kost ist reizarm, reich an basischem Gemüse, frei von tierischem Eiweiß und -fett sowie praktisch salzfrei. Gewürzt wird mit Kräutern. Die Kur ist vegan. Am frühen Morgen werden sie in nasse Tücher eingewickelt und schwitzt anschließend und dabei verliert man etwa 600 Kalorien. Das Verfahren ist gut für die Körperreinigung, Entgiftung und die Selbstheilungskräfte werden dadurch wieder aktiviert. Am Abend gibt es ein Gläschen Wein während der Schrothkur. Johann Schroth hat in Lindewiese in Tschechien, im damaligen Schlesien, die Schrothkur entwickelt. Dr. Hermann Brosig war Schrothkur Arzt in Lindewiese, er kam nach englischer Kriegsgefangenschaft 1947 nach Oberstaufen. Zwei Jahre später hat er die erste Schrothkur im Kurhotel Bittner, dem heutigen Bayerischen Hof, durchgeführt, für die Oberstaufen heute so bekannt geworden ist. Oberstufen im Allgäu ist als einziges Schrotheilbad Deutschland das Deutsche Zentrum für die Anwendung der Schrothkur.
Oberstaufen mit Theo
Treffpunkt zur Stadtführung mit Theo ist im Haus des Gastes. Er ist ein waschechter Allgäuer, er weiß alles über Oberstaufen. Im Jahre 868 in karolingischer Zeit wurde Staufen das erste Mal erwähnt. Der Name Staufen entstand wahrscheinlich, da der Berg Staufer wie ein „Stufer“, ein umgestülpter Trinkbecher ohne Fuß aussieht. Diesen Trinkbecher ohne Fuß, musste man in der Hand halten, so hatte man die Kontrolle über sein Getränk und keiner konnte heimlich Gift einfüllen.
Staufener Butz
Zuerst geht es zur Skulptur des einheimische Künstlers Fidelis Bentele der „Staufener Butz“. Er ist mit einem Besen und einer Pestmaske dargestellt. Faschingsdienstag fegt der Butz heute über die Füße der Zuschauer und Hauseingänge um sie symbolische von der Pest zu reinigen. Während des Dreißigjährigen Krieges wütete im Jahre 1635 die Pest in Oberstaufen und raffte 607 Tote dahin, das war zweidrittel der Bevölkerung. Graf Hugo, der Herr von Rothenfels und Staufen gelobte, wenn er die Pest überlebt, würde er etwas für den Markt Staufen tun. Die Pest war vorbei, Hugo von Königsegg hatte überlebt, musste aber an sein Versprechen erinnert werden. Er und seine Frau Maria Renata luden die jungen Burschen von Staufen in das Schloss ein. Eine Suppe wurde serviert und eine Fahne gestiftet. Die jungen Burschen gingen mit der Fahne und Trommlern am Faschingsdienstag durch den Ort, um zu zeigen, das es nach der Pest wieder aufwärts geht. Sie weckten damit den Lebensmut der verängstigten Einwohner wieder. Großartig war das Gelöbnis von Hugo von Königsegg allerdings nicht, er kam billig davon. Doch seit diesem Jahr ziehen jeden Faschingsdienstag die Föhla, für Mädchen und jungen Burschen, hinter der Fahne mit Trommelbegleitung durch den Ort. Es werden keine Faschingskostüme getragen, sondern die Staufener Tracht. Der Butz ist die einzige maskierte Person am Fasnatziestag. Er trägt das „Fleckleshäs“, die Kleidung des alemannischen Narren. Wenn die Kirchenglocken läuten, dann stirbt der Butz, so denkt man an das Ende der Pestepidemie.
Brandkatastrophe
Nur der untere Teil des Kirchturms der Kirche Peter und Paul ist noch von 1389, alles andere wurde nach einem Brand im Jahre 1858 im neugotischen Stil sieben Jahre später wieder aufgebaut. Bei dem Großbrand im Jahre 1680 konnte die Beschädigungen an der Kirche repariert werden. Im Katastrophen-Jahr 1680 hatte ein Großbrand, bis auf fünf Häuser alles vernichtet oder beschädigt. Ein Einwohner hatte seinen Kamin nicht gereinigt, dieser Kamin fing an zu brennen. Die Funken vom Kamin flogen auf die Dächer, die waren damals mit großen Schindeln aus Holz, den „Landerer“, gedeckt, so konnten die Funken eine riesige Brandkatastrophe auslösen. Das Färberhaus von 1540 erinnert, dass früher der Flachsanbau und die Leinenproduktion den armen Bauern geholfen hat etwas Geld zu verdienen, denn die Landwirtschaft in der Höhenlage brachten den Bauern nur genug für den Eigenbedarf. Mit der Einfuhr der billigen Baumwolle ist dann der Flachsanbau zusammengebrochen und die Bauern drohten zu verarmen.
Käse und Tourismus
Der Käsehändler Aurel Stadler holte den Schweizer Senner Johannes Althaus aus dem Emmental ins Westallgäu, der 1821 den ersten Emmentaler Käse im Allgäu herstellte. Der Käse war halt- und dadurch handelbar geworden. Carl Hirnbein, ein Käsegroßhändler brachte den Allgäuern das Käsen von Limburger Käse nach belgischen Rezepten für Weichkäse bei. Unzählige Sennereien wurden zur Käseherstellung eröffnet. Schon zwei Jahre später wurde der erste Käse prämiert. Heute werden die meisten Käsesorten in Deutschland im Allgäu produziert. Nicht nur mit der Käseproduktion ging es aufwärts. Im Jahre 1854 ließ Carl Hirnbein unterhalb des Grüntengipfels, dem „Wächter des Allgäus“ in 1535 Meter Höhe das Grüntenhaus mit Sennerei bauen. Er legte damit den Grundstein für den Wandertourismus in der Region.
Nagelfluh – Herrgottsbeton
Vor rund 30 Millionen Jahren hat die Ur-Iller Kieselsteine durch die Bewegung im Fluss rundgeschliffen und zu Füssen der Alpen abgelagert. Beim Verschieben der der Alpen wurden Sand, Kalk und die Kieselsteine zusammengepresst, so entstand der markante Nagelfluh. Im Volksmund wird der Nagelfluh als „Herrgottsbeton“ bezeichnet. Der Nagelfluh wird heute geschnitten und poliert als dekorativer Stein bei Innendekorationen eingesetzt.
„Beim Strumpfar“ Heimatmuseum und Gastwirtschaft
Das Museum „Beim Strumpfar“ von 1788, mit seiner beeindruckenden Fassade, zeigt die Geschichte der Region mit 400 Objekten aus sechs Jahrhunderten. Es war eine Schenkung eines kinderlosen Ehepaares. Der Name entstand, weil hier früher Strümpfe gestrickt wurden. Neben dem Museum befindet sich die Wirtschaft „Beim Strumpfar“. Man tritt ein und fühlt sich in dem rustikalen Holzhaus gleich wohl. Die traditionelle Küche basiert auf den armen Zeiten in der Vergangenheit: aus Eiern, Mehl, Milch, Fett und Sauerkraut. So stehen Käs- und Krautspatzen auf der Speisekarte. Viele Einheimische sitzen in der Gaststube. Thomas, der Lebensgefährte der Besitzerin Moni, hat Holzlöffel in der Messertasche seiner Lederhose. Er lacht und sagt: „Die brauche ich nicht für die Küche, sondern zum Musik machen. Früher, als ich noch jung war, hatte ich dort immer eine Zahnbürste einstecken.“ Das Haus der Gastwirtschaft ist von 1725 und stand als Alpe auf dem Vögelsberg. Die Mauern und Innenwände wurden abgetragen und neben dem Museum wieder aufgestellt und fertig gebaut. Werke der einheimischen Künstler von Fidelis Bentele und seinem Stiefsohn Georg Bentele-Ücker werden hier ausgestellt. Ihre Skulpturen sind hauptsächlich aus Stein und Bronze im Stil Ernst Barlachs. Sie wurden weltweit ausgestellt und ausgezeichnet. Über den Heidi Biebl Weg geht es am Bahngleis wieder zurück zum Hotelshuttle am Bahnhof. Heidi Biebl war mit 19 Jahren im Jahre 1960 in Squaw Valley Olympiasiegerin im Abfahrtslauf.
Bermuda-Dreieck in Oberstaufen
Es darf auch nach allen sportlichen Aktivitäten und der Schroth-Kur auch gefeiert werden. Wer mag kann schon beim Frühschoppen in der Enzianhütte starten und dann in den Ponyhof oder in Charly’s Bistro weiterziehen. Sehen und gesehen werden ist das Motto in Bubi’s Bar. Dann lockt noch das Apostl oder das Tanzcafé Weinbauer. Keine Sorge im Bermuda Dreieck des Nachtlebens in Oberstaufen ist noch nie jemand verloren gegangen. Und wer das Hotel Allgäu Sonne nicht verlassen will, der endet unweigerlich wieder bei fetziger Musik auf der Tanzfläche im Stießberg-Stüble.
Kontakt
Allgäu Tourismus, www.allgaeu.de
Tourist-Info Oberstaufen, Haus des Gastes, www.oberstaufen.de
Hotel Allgäu Sonne, www.allgaeu-sonne.de
Bodo Card für Ausflüge zum naheliegenden Bodensee echt Bodensee Card, www.bodo.de
Naturpark Nagelfluhkette, www.nagelfluhkette.info
Schrothkur, www.schrothkur.de
Über den Autor*Innen
Gabi Dräger
Wo findet man Gabriele Dräger in den Bergen? Natürlich in einer Alm bei einer Brotzeit., denn Almen mit guter Küche ziehen sie magisch an. Gipfel nimmt sie auch hin und wieder mit. So hat sie einige 5.000er beim Trekking in Süd Amerika und Nepal, bestiegen. Ihre Hochleistung war der Kilimandscharo mit 5.895 Meter. Kultur und Brauchtum faszinieren sie genauso, wie Städte und Kunstausstellungen. Obwohl sie gerne in urigen Berghütten übernachtet ist sie dem Luxus von guten Hotels nicht abgeneigt.