Wintermärchen mit Bratpfannen an den Füßen

Wintermärchen mit Bratpfannen an den Füßen - Genusstouren im Pulverschnee der Kitzbüheler Alpen - (c) Norbert Eisele-Hein

Nur wenige Kilometer von der Inntal-Autobahn entfernt, offenbaren die Kitzbüheler Alpen eine weiße Wunderwelt. In den stillen Seitentälern bekommt man vom Trubel des Skizirkus rein gar nichts mit – sofern man mit Schneeschuhen fernab der Pisten unterwegs ist.

Ich bin gewarnt worden, ich gebe es zu. Dass Schneeschuhtouren, nicht bloß Wandern im Schnee für Leute ist, denen Skitouren und Langlaufen zu anstrengend sind. Das dieser Sport mehr ist als breitbeinig und mit Stöcken ausgerüstet durch den tiefen Schnee zu stapfen, die Aussicht zu genießen und danach schön einzukehren. Das gehört dazu, ist aber längst nicht alles. Aber um das zu verstehen, musste ich selbst laufen. Also bin ich gelaufen.

Das Ziel: Die Kitzbüheler. 
Der Treffpunkt: Hopfgarten auf der Südseite der Hohen Salve. Dort treffe ich auf Elke, die Schneeschuhwanderführerin aus der Gemeinde Itter.

Dank Ihr wird schon die Einführungstour rund um Itter zum Schneeschuhmärchen. Vor uns die Hohe Salve, links auf der anderen Talseite baut sich der markante Pendling auf und rechts blicken wir hinüber Richtung Wilder Kaiser, dessen steile Felswände in der Morgensonne glänzen. Zwischendrin ragt immer wieder der gut 1100 Jahre alte Turm des Schlosses Itter zwischen den Bäumen hervor. Auf den ersten Metern muss ich mich noch an den breitbeinigen Laufstil gewöhnen, aber bald schon genieße ich es, mit leichten Schritten auf dem hohen Pulverschnee zu laufen. Mit normalen Schuhen würden wir hier gnadenlos einsinken. Mit gleichmäßigen Bewegungen geht es weiter. Das leichte Terrain und die geringe Steigung sind gut machbar. Unsere Atemwölkchen explodieren förmlich im Gegenlicht. Die flankierenden Bäume tragen schwer an ihrer aufgebauschten Schneelast. Auf den Stadeln haben sich ganze Wolken von Pulverschnee mit windverblasenen Elvis Presley-Tollen gebildet. Winterwunderland - unsere Einstiegstour hat Suchtpotenzial.

„Das Schöne am Schneeschuhwandern ist der direkte Einstieg in die Natur. Wir sind weder an   Straßen noch an Wanderwege gebunden. Das ist Winterromantik pur“, sage ich zu Elke. Sie nickt und steigt sogleich auf meine Schwärmerei ein. „Freut mich, dass dich das Trapper-Virus gepackt hat, dann wechseln wir morgen die Talseite und stapfen aus dem Kurzen Grund der Kelchsau hinauf zur berühmten Neuen Bamberger Hütte - eigentlich einem Paradeziel für Skibergsteiger.“ Gesagt, getan. Am nächsten Morgen starten wir auf 1144 Metern Seehöhe beim Gasthof Wegscheid, einem bodenständigen Tiroler Wirtshaus. Das Anschnallen der Schneeschuhe funktioniert jetzt schon deutlich besser. Die Gamaschen an den Hosenbeinen fixiert, damit sich vor allem beim Bergabgehen kein Schnee unter die Hosenbeine oder gar in die Schuhränder mogelt, Getränk und das T-Shirt zum Wechseln im Rucksack verstaut, jetzt kann`s losgehen. Zuerst stapfen wir auf der Forststraße ein Stück taleinwärts und schwenken dann direkt in den verschneiten Zauberwald. Passieren ein paar Lichtungen und gelangen auf offene Hänge. Der Wind hat feine Rillen und Kanten in den Schnee modelliert, unsere Schneeschuhe wippen fleißig, katapultieren kleine Pulverschneewolken in die Luft. Nach einer Brücke folgen wir dem Winterweg weiter hinein ins Tal bis zu einer Lichtung vor der Kuhwildalm. Hier offenbart sich unvermittelt ein gewaltiger Panoramablick. Ganz hinten reckt der 2361 Meter hohe Tristkopf seinen kantigen Gipfel in die Höhe, rechts daneben bauen sich die weitläufigen Hänge des 2469 Meter hohen Salzachgeiers auf. Nach zwei Stunden und gut 600 Höhenmetern kommt die Neue Bamberger Hütte in Sichtweite. Der fast schon kitschig-schöne Anblick sorgt für einen zusätzlichen Energieschub. Nur noch wenige
Höhenmeter auf dem offenen Gelände, dann schnallen wir die Bratpfannen an unseren Füßen ab. Freuen uns auf die warme Gaststube und die herzhafte Tiroler Küche. Die Kaspressknödel in dampfender Brühe sind ein Gedicht, der hausgemachte Millirahmstrudl, mit Vanillesauce und feinem Puderzucker bestäubt, ein Traum für Leckermäuler. Derart gestärkt entsteht sofort neuer Tatendrang. Wir könnten mit den Schneeschuhen schon auch den einen oder anderen Gipfel erreichen, den Schafsiedl oder auch das Kröndlhorn“, sinniert Elke, „aber dafür bräuchten wir eine vollständige Lawinenschutzausrüstung mit Pieps, Schaufel und Sonde.“ Hm, am frühen Abend mit den Schneeschuhen zur Bamberger Hütte, dann übernachten und am nächsten Morgen eine schöne Gipfeltour. Das klingt ziemlich verlockend und ich sehe mich schon als Stammgast in der Kelchsau. Auf dem Weg zurück schmieden wir schon Pläne, wie wir es beim nächsten Mal angehen wollen. Dass uns bergab einige Tourengeher mit ihren Skiern locker überholen, ärgert mich nur für einen kurzen Moment. Klar, sie sind schneller unten, aber wir sind ja zur Entschleunigung unterwegs. Und dafür bieten die Schneeschuhe die bestmögliche Alternative. Wir sind die Genießer unter den Alpinisten – und Genuss darf auch mal länger dauern.

Infos
Im Winter glänzen die Kitzbüheler Alpen als eine der Top-Skidestinationen Österreichs. Abseits der Pisten der Skiwelt Wilder Kaiser Brixental und rund um Kitzbühel gibt es aber auch einsame, stille Seitentäler mit viel Natur und Tradition.

Tourismusverband Kitzbüheler Alpen – Ferienregion Hohe Salve
Innsbrucker Str. 1, A-6300 Wörgl Tel.: +43 57507 7000, Fax.: +43 57507 7020, 
www.hohe-salve.com, hier können auch Schneeschuh-Guides für Tagestouren (auch in kleineren Gruppen) gebucht werden.

Anreise
Mit dem Auto über München auf der Autobahn A8 bis zum Inntaldreieck und weiter auf der Inntalautobahn Richtung Innsbruck bis zur Ausfahrt Wörgl-Ost und dort nach Osten Richtung Brixental bis Hopfgarten. 
Mit dem Zug ab München mit ICE nach Wörgl (Hauptroute Richtung Brennerpass/Italien) und weiter mit der S-Bahn (Richtung Sankt Johann) nach Hopfgarten.

Unterkunft/Restaurants
Mein Tipp
Gasthof Oberbräu, Marktplatz 10, 6361 Hopfgarten, Tel. 05335/2364, www.oberbraeu.at 
top Preis-Leistung, zentral, authentisch, gigantische Schweinshax’n.

Hotel Baumgarten, Baumgarten 22, A-6320 Angerberg/Wörgl, Tel. 0043-5332-56212, 
www.gasthof-baumgarten.at, top Küche, gemütliche Zimmer.

Das Landhaus Margarethe ist ein Viersternehaus nahe dem Zentrum von Hopfgarten mit einer sehr großzügigen Ausstattung, geräumigen Zimmern und einem Wellnessangebot inklusive Saunalandschaft mit Solarium und Fitnessraum.  www.lhm.at

Das Sporthotel Tiroler Hof ist ein Viersternehaus am Nordrand von Itter mit einem umfangreichen Angebot an sportlichen Aktivitäten inklusive Hallenbad, Sauna, Dampfbad und Solarium sowie einer Kegelbahn. www.sporthotel-tirolerhof.com

Eine Fahrt mit der Salvistabahn hinauf zur Kraftalm, oberhalb von Itter, ist auch für Nichtskifahrer sehr reizvoll. Oben auf der Terrasse gibt es eine spektakuläre Aussicht auf das Inntal und die Kitzbüheler Alpen. Dazu bietet die Kraftalm viele herzhafte Tiroler Spezialitäten. www.kraftalm.at

Shopping: Das M4 in Wörgl ist eine neues modernes Shopping Center direkt an der Salzburger Straße, der Hauptstraße durch den Ort. Zahlreiche prominente Marken auf drei Etagen. www.m4woergl.at

Toureninfo
Tour Schafsiedel: Neue Bamberger Hütte, Kurzer Grund 28, A-6361 Kelchsau/Hopfgarten, 
Tel. 0043-664-4559469, www.alpenverein-bamberg.de/huetten/bamberger-huette/, geniale Basis für zahlreiche, alpine Wanderungen mit Schneeschuhen, Tourenski. 
Tour Kraftalm oder Hohe Salve über Itter: Gasthof Kraftalm, umwerfender Blick auf den Wilden Kaiser, auch schöne Stuben und gute Küche, www.kraftalm.at 
Tour Köglhörndl: Hotel Baumgarten, Baumgarten 22, A-6320 Angerberg/Wörgl, Tel. 0043-5332-56212, www.gasthof-baumgarten.at, top Küche, gemütliche Zimmer.

Bergbahn für Wanderungen auf der Hohen Salve:
Salvenabahn in Hopfgarten, www.skiwelt.at

Veranstalter: Hauser Exkursionen, Spiegelstr. 9, D-81241 München, info@hauser-exkursionen.de, www.hauser-exkursionen.de, bietet Einsteigerkurse für Schneeschuhwanderer im gesamten Alpenraum und Wochentouren für Begeisterte.

Literatur
Die Fremdenverkehrsämter und Bergbahnen bieten gratis Broschüren mit Infos zu vielen Schneeschuhtouren.

Karten
Kompass-Blatt 29, 1:50.000
DAV-Karte Kitzbüheler Alpen West, 1:50.000

Über den Autor*Innen

Norbert Eisele-Hein

Der Münchner Fotojournalist Norbert Eisele-Hein finanzierte bereits sein Ethnologie-Studium in München und London mit bildgewaltigen Reisereportagen für namhafte Magazine. Ehe er sich vollauf der Outdoor- und Actionfotografie widmete, assistierte er bei zahlreichen Studiofotografen in München und London, um das Handwerk von der Pike auf zu lernen. Die Lust am Schreiben wuchs dabei beständig mit.