Via Ferrata Tridentina al Pisciadù – Der berühmteste Klettersteig der Dolomiten von Gabi Dräger

„Zum Finale moch mer in schianschtn Klettersteig va die Dolomiten“, verspricht Albin. Der Pisciadù ist der schönste und deshalb meist begangene Steig. Das heißt früh starten, um nicht im „Klettersteigstau“ zu stehen. Unterhalb des Grödner Jochs vom großen Parkplatz führt ein kurzer Pfad durch den Wald zur steilen etwas feuchten Felsenwand mit Leitern und Klammern. Dann gehen wir durch Latschengebüsch auf einem Wanderweg ein Stück leicht bergab zum eigentlichen Einstieg des Pisciadù und klicken unsere Karabiner an das Sicherungsseil. Natürlich nimmt uns Albin noch ans Seil. Die erste Etappe ist noch einfach, doch dann wird der Fels steiler. Immer aufrecht gehen und weg vom Fels, wir befolgen, was wir gelernt haben. In unendlicher Tiefe sehen wir Corvara im Tal liegen. Unten in der Wand machen sich die nächsten Gruppen für den Aufstieg bereit. Fast senkrecht arbeiten wir uns bis unterhalb des Steilaufschwungs des Exnerturms aufwärts. Hier kann man aus dem Klettersteig, quasi einem „Notausstieg“, auf einen leichtern Weg aussteigen, aber für uns kommt das natürlich nicht mehr in Frage. Die nächste Etappe ist der schwierigste Teil. Wir klettern hochkonzentriert aufwärts und sind stolz über jeden gemachten Meter. Gut, dass wir schon was gelernt haben an den vorhergehenden Klettersteige. Wir klettern im griffigen Fels über Klammern und eine Leiter fast senkrecht aufwärts. Hin und wieder ersetzen Eisenstift fehlende Tritte im Felsen. Nach unten sehen wir schon lange nicht mehr. „Meine Knie zittern“, gibt Wolfgang zu. „Jetzt isch es nimmer weit“, beruhigt ihn Albin. Rechts vom Wasserfall, der im Herbst meistens kein Wasser führt, klettern wir über gut gestuften, griffigen Fels aufwärts und queren bis zur stabilen aber leicht schwankenden Metallbrücke, die über eine Schlucht zum Hochplateau führt. Geschafft. Wir umarmen uns vor Freude und fühlen uns wie die Helden. Stramme 600 gut gesicherte Höhenmeter sind kein Pappenstil. Bis zum Rifugio Pisciadù neben dem jadefarbenen See sind es nur ein paar Schritte. Die Szenerie überragt die gewaltige Piscadúspitze mit fast drei Tausend Meter Höhe. Eine lange Pause und eine große Portion Spaghetti Bolognese haben wir uns jetzt redlich verdient. Die gemütliche Hütte bewirtet schon seit mehr als hundert Jahren Bergsteiger. Dunkle Wolken, die schnell aufziehen treiben uns zum Abstieg. Wir gehen auf dem Normalweg Val Setùs mit nur ein paar seilgesicherten Abschnitten zurück. Adrian, darauf ist er besonders stolz, darf den Vorstieg machen. 


Ausgangspunkt: Parkplatz unterhalb des Grödnerjochs
Anstieg zum 1968 erbauten Klettersteigs Zeit:10 Minuten
Aufstieg Klettersteig: 2 ½ Stunden bis 3 Stunden
Hütte: 2.585 Meter 
Abstieg Klettersteig: 1 ½ Stunden
Schwierigkeit: mittelschwer bis schwer
Höhenmeter Klettersteig Aufstieg: 600 Meter
Höhenmeter Klettersteig Abstieg: 600 Meter

Über den Autor*Innen

Gabi Dräger

Wo findet man Gabriele Dräger in den Bergen? Natürlich in einer Alm bei einer Brotzeit., denn Almen mit guter Küche ziehen sie magisch an. Gipfel nimmt sie auch hin und wieder mit. So hat sie einige 5.000er beim Trekking in Süd Amerika und Nepal, bestiegen. Ihre Hochleistung war der Kilimandscharo mit 5.895 Meter. Kultur und Brauchtum faszinieren sie genauso, wie Städte und Kunstausstellungen. Obwohl sie gerne in urigen Berghütten übernachtet ist sie dem Luxus von guten Hotels nicht abgeneigt.