Durch den westlichen Chiemgau mit Bahn, Rad und Schiff

Durch den westlichen Chiemgau mit Bahn, Rad und Schiff

Wer bei Barsch nur Fisch versteht, den kann ich beruhigen, mir ging es bis heute auch so. Was aber der Barsch mit Radfahren, Bahnreisen und Schifffahrt zu tun hat, das erfährt man im Chiemgau. BARSCH ist ein neues Projekt im sanften Tourismus und steht für BAhn,Rad und SCHiff, das es dem Urlauber ermöglicht, den westlichen Chiemgau autofrei zu erfahren. Ein Erlebnis für die ganze Familie, das sicherlich den Technikfreak genauso begeistert, wie den Naturliebhaber oder die romantischen Familienmitglieder.

Los geht es am Sonntag am Bahnhof von Bad Endorf. Wir treffen uns um 10 Uhr, um den Tag in vollen Zügen genießen zu können. Mit der Lokalbahn Endorf-Obing, kurz LEO, fahren wir auf einer etwa 18 km langen Strecke ab Bad Endorf in einem historischen Triebwagen Baujahr 1952 über Halfing und Amerang nach Obing. Für Spätaufsteher oder Kurzentschlossene besteht auch die Möglichkeit der Abfahrt um 12 Uhr oder 14 Uhr. An bestimmten Wochenenden fahren historische Dampfüge mit alten Plattformwagen. Hierzu kann man sich im Internet bei den Fahrplanankündigungen der Chiemgauer Lokalbahn erkundigen.

Doch zurück zu unserer Tour, gemütlich mit nicht einmal 30 km in der Stunde fahren wir Richtung Obing, über eine Bahnstrecke, die von ehrenamtlichen Bahnfans in vielen tausenden Stunden Arbeit wieder befahrbar gemacht wurde. Während anderswo immer mehr Nebenstrecken zurück gebaut werden, wurde hier ein Stück Eisenbahngeschichte erhalten und so durften 2006 zum ersten Mal seit 1965 Personenzüge die Strecke befahren. Wir genießen die Fahrt, bei schönstem Sommerwetter kann man den Kopf zu den Fenstern des Triebwagens heraus strecken, dem Fahrtwind überlassen und Erinnerungen an die eigene Kindheit werden wach. Wer mag kann dem Zugführer über die Schultern blicken und wo hat man schon einmal die Möglichkeit eine Zugfahrt aus dieser Perspektive zu genießen. Nostalgie pur und wir wären nicht überrascht, wenn an einem der Bahnübergänge ein Cadillac mit hübschen Petticoat-Trägerinnen und Jungs mit Schmalztolle warten würden.

In Obing angekommen verschlägt es uns wieder in dieses Jahrtausend. Dass dieses aber nicht weniger gemütlich sein muss, dafür sorgen die E-Bikes der Firma Additive. Genauer gesagt Pedelecs wie uns Franz Mayer, Inhaber der Firma Additive Bikes, erklärt. Sie unterstützen mit ihrem Elektromotor bis max. 25 km/h, darüber hinaus zählt nur die eigene Muskelkraft. Nach einer kurzen Einweisung starten wir und der Gesichtsausdruck, von Bekannten, die das erste Mal auf einem E-Bike sitzen überrascht mich immer wieder, denn er drückt puren Spaß aus. Und auch Mike, ein ambitionierter Mountainbiker strahlt über das ganze Gesicht. Gut gelaunt geht es los Richtung Griessee und nach den ersten Kilometern kehren wir im Landgasthof Griessee ein. Im Garten genießen wir eine ausgiebige Brotzeit, ein Weißbier oder eine Apfelsaftschorle und schon geht es weiter Richtung Chiemsee. Vorbei an den zahlreichen kleinen Seen des Chiemgaus, übrigens eine der seenreichsten Regionen Deutschlands und das erste Naturschutzgebiet in Bayern, erreichen wir Klostern Seeon. Die E-Bikes ermöglichen es uns die Landschaft noch eingehender zu genießen, denn durch die Unterstützung des „elektrischen Rückenwinds“ sind auch Steigungen für niemanden eine Belastung. Weiter geht es nach Gstadt am Chiemsee, wo wir uns von unseren E-Bikes trennen müssen, denn jetzt geht es aufs Schiff.

Mit etwas Glück macht man den nächsten Zeitsprung in die Vergangenheit, denn eines der 14 Schiffe der Chiemsee Schifffahrt ist der 1926 in Betrieb genommene Schaufelraddampfer „MS Ludwig Fessler“. Wir erwischen eines der anderen Schiffe, trotzdem geht es gemütlich über den Chiemsee nach Prien. Auf dem Sonnendeck genießen wir den Ausblick auf Frauen-, Herreninsel und die Kampenwand. Nach einem Zwischenhalt auf der Herreninsel erreichen wir Prien. Hier erwartet uns der nächste Höhepunkt. Ab Hafen Prien-Stock fahren wir mit Deutschlands ältester Dampfschmalspurbahn, dem 1887 in den Dienst genommenen „Chiemseebockerl“ zum Priener Bahnhof, wo es mit den Zügen der DB-Regio zurück nach Bad Endorf, weiter nach Rosenheim, München oder Richtung Salzburg geht.

Ein wunderschöner Tag liegt hinter uns und auf der Rückfahrt nach München lassen wir noch einmal die vielfältigen Eindrücke der Technik verschiedener Epochen, die Naturerlebnisse und die beeindruckende Landschaft des Chiemgaus Revue passieren. Ein Wohlfühltag zum Entschleunigen.

Beispiel: Eine Rundtour könnte zum Beispiel so aussehen: Mit der Chiemgauer Lokalbahn um 10 Uhr von Bad Endorf nach Obing. Um 10:45 Uhr Übernahme des Elektrorades. Um 14:05 oder 14:55 Uhr von Gstadt zur Insel Herrenchiemsee, oder zur Minute 20 und 50 halbstündlich auf die Fraueninsel. Von dort verkehrt um 17:30 Uhr bzw. 17:25 Uhr das letzte Schiff nach Stock, wo bereits die letzte Chiemsee-Bahn zum Bahnhof Prien wartet. Dort fährt um 18:08 Uhr der DB-Regio-Zug Richtung Bad Endorf, Rosenheim und München ab. Die DB-Züge fahren im Stundentakt bis 22:08 Uhr.

Preis: Das Kombiticket für die Rundfahrt mit Bahn, Schiff, Rad inklusive Leihgebühr und Versicherung für das Elektro-Fahrrad beträgt 37,- €, die Rückfahrt mit der DB von Prien nach Bad Endorf ist im Ticket enthalten.

Kontakt: Interessenten melden sich bitte jeweils bis Donnerstag 12 Uhr bei der Gemeinde Obing, Telefon 08624-898625. Der Preis des Kombi-Tickets wird per Lastschrift abgebucht, kann aber auch überwiesen werden. Die Teilnehmer erhalten auch eine Übersichtskarte sowie die Abfahrstzeit der Züge und Schiffe.

Über den Autor*Innen

Jörg Bornmann

Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.